Vorsicht beim „Herausschälen“ von Überstundenzuschlägen bei Pauschal- und All- in-Vereinbarungen

24. Juni, 2025

Wer derzeit beabsichtigt, den steuerfreien Anteil von Überstunden aus All-In-Vereinbarungen gesondert zu behandeln, sollte Zurückhaltung üben. Die Entwicklung der GPLB deutet darauf hin, dass künftig mit einer strengeren Auslegung zu rechnen ist. Aus Sicht der Praxis problematisch: Die bisherigen Aussagen des BMF waren – gemessen an Gesetz und Judikatur – durchaus großzügig, was sich nun offenbar ändern könnte. Die Rechtsprechung des VwGH zeigt sich in diesem Zusammenhang eher zurückhaltend und stärkt die Position der Praxis nur bedingt.

Ein steuerfreies „Herausschälen“ von Überstundenzuschlägen aus All-In-Vereinbarungen ist nach aktueller Rechts- und Verwaltungspraxis praktisch nicht mehr möglich. Arbeitgeber*innen müssen diese Entwicklung proaktiv in der Vertragsgestaltung berücksichtigen, um steuerliche Nachteile zu vermeiden. 

Gleitzeit und All-In – keine Steuerfreiheit bei Überstundenzuschlägen

Die Kombination von Gleitzeitmodellen mit All-In-Vereinbarungen ist steuerlich besonders problematisch. Denn Voraussetzung für die Steuerfreiheit gemäß § 68 Abs. 2 EStG ist die klare Trennung zwischen Überstunden und Gleitzeitstunden. In der Praxis fehlt es bei echten All-In-Verträgen jedoch meist an einer eindeutigen Vereinbarung über die Anzahl der abgegoltenen Überstunden. Eine missbräuchliche Verteilung oder pauschale Verrechnung über das Jahr hinweg wird nicht anerkannt.

Insbesondere in Modellen mit mehrmonatiger Gleitzeitperiode entstehen steuerlich keine „durchschnittlichen Überstunden“, da es sich lediglich um Zeitguthaben handelt. Die einmalige Berücksichtigung steuerfreier Überstunden am Ende der Gleitzeitperiode ist daher ebenfalls ausgeschlossen.

Gleitzeit ohne All-In – Steuerfreiheit möglich 

Anders sieht es bei reiner Gleitzeit ohne All-In-Vereinbarungen aus. 

Hier sind steuerfreie Überstundenzuschläge möglich, sofern:

  • Arbeitsleistungen außerhalb des Gleitzeitrahmens erbracht werden – unabhängig davon, ob freiwillig oder angeordnet
  • Innerhalb des Gleitzeitrahmens gearbeitet wird und der Arbeitgeber die Arbeitszeit anordnet, wodurch die gesetzliche Normalarbeitszeit (8 Stunden täglich bzw. 40 Stunden wöchentlich) überschritten wird 
  • Am Ende der Gleitzeitperiode Zeitguthaben bestehen, die nicht konsumiert oder übertragen werden können 
  • und eine separate, nachvollziehbare Aufzeichnung dieser Stunden erfolgt.

All-In ohne Gleitzeit – Steuerfreiheit möglich 

Selbst ohne Gleitzeit bestehen für All-In-Vereinbarungen nur eingeschränkte Möglichkeiten, steuerfreie Überstundenzuschläge geltend zu machen. Die Lohnsteuerrichtlinie Rz 1162a stellt klar: 

„Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit der Überstundenzuschläge gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 bei Überstundenpauschalen und Gesamtgehaltsvereinbarungen ist, dass im Jahresdurchschnitt auch tatsächlich Überstunden im erforderlichen Ausmaß (Zuschlag maximal 86 Euro) geleistet werden und keine missbräuchliche Verteilung der geleisteten Überstunden erfolgt (zB Überstunden werden regelmäßig stets nur in 6 Monaten geleistet und die Auszahlung aus steuerlichen Gründen gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt).“

Im erforderlichen Ausmaß bedeutet, dass im Durchschnitt so viele Überstunden geleistet werden müssen, dass entweder die Höchstzahl an Stunden nach § 68 Abs. 2 (bis Ende 2025: 18) oder der Freibetrag (für 2025: € 200,00) durch die Zuschläge erreicht ist.

Bei echten All-In-Vereinbarungen ohne genaue Stundenabgeltung muss mit dem Teiler 203 (Basis: 173 Normalstunden + 18 Überstunden + 10 Überstundenzuschläge) gerechnet werden – eine Praxis, die kaum Raum für steuerfreie Anteile lässt. Bei unechten All-In-Vereinbarungen mit fixer Überstundenabgeltung kann zwar ein anderer Teiler (z. B. bei 10 Überstunden der Teiler 188: 173 Normalstunden + 10 Überstunden + 5 Überstundenzuschläge) verwendet werden, aber auch hier gilt: Ohne tatsächliche Leistung der Stunden im Jahresdurchschnitt ist ein steuerfreier Anteil ausgeschlossen.

„All-In-Vereinbarungen“ zur Herauslösung von Überstundenzuschlägen sind in den meisten Fällen de facto nicht mehr praktikabel. Besonders die Kombination mit Gleitzeit ist nahezu ausgeschlossen. Ohne Gleitzeit besteht die einzige Möglichkeit, „All-In-Vereinbarungen“ steuerlich zu nutzen, darin, entweder den Höchstbetrag an relevanten Stunden oder den Freibetrag gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 im Jahresdurchschnitt zu erreichen. 

Es ist vermutlich nicht erforderlich, dass selbst bei „unechten All-In-Vereinbarungen“ die Höchstwerte erreicht werden müssen, um steuerliche Vorteile zu erhalten. Im Vergleich dazu werden Überstundenpauschalen hinsichtlich der Geltendmachung steuerfreier Überstundenzuschläge voraussichtlich eine deutlich größere Beständigkeit haben als „All-In-Vereinbarungen“.

Fotocredit: Pexels

Dieser Beitrag wurde geschrieben von:

Gabriele Fischmeister
Gabriela Fischmeister
Geschäftsführung

Gabriela ist das Herz von Coredat: 2001 hat sie Coredat mit der Vision gegründet, endlich eine „g’scheite“ Software auf den Markt zu bringen und ist damit unser ganz persönlicher Steve Jobs. Ihr gesamtes Know-how aus über 40 Jahren Erfahrung und Geschäftsführerin mehrerer Unternehmen steckt in Coredat. Dabei ist sie Expertin für eigentlich alles, u. a. Arbeitsrecht, Finanzen und in den vergangenen Jahren verstärkt HR, Lohnverrechnung sowie den Expat-Bereich. Ansonsten entspannt sie am liebsten in ihrem Garten und bei dem ein oder anderen Bauprojekt.

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